Die Katze und Ein Abschiedsbrief (Gedicht und Ballade)

Die Katze

Die Katze
trägt keine Maske.
Das verbietet ihr Instinkt.
Ihr Wesen ist wahrhaftig,
ihr Charakter unverstellt.
Die Zunge reinigt das Fell.

Ein Abschiedsbrief¹

Von Geburt an warst Du mein ständiger Begleiter.
Nicht nur meiner, unser aller.
Hast uns erzogen und gelehrt,
was richtig ist, was falsch.
Wir haben Dich tief verinnerlicht.
Geliebt haben wir Dich nie.
Keiner von uns.

Zweifel, die manches Mal aufkamen,
ersticktest Du im Keim.
Mal kamst Du freundlich frohlockend daher,
mal mit strenger Hand.
Auch mit Gewalt,
die Du bedauertest,
war sie doch alternativlos,
diente sie nur unserem Schutz und unser aller Wohl.
Wie ein Schulmeister, der am besten weiß,
was gut ist für seine Kinder.

Die Erkenntnis, dass Du uns unserer Mutter genommen
und uns zu Waisen machtest,
war so schmerzhaft wie heilsam.
Viele von uns sind erwachsen geworden
und Du ein alter Greis,
nicht weise,
sondern knorrig und verdorrt.

Starrsinnig klammerst Du an uns,
vergrämt über Deinen Machtverlust,
erzürnt über unsere Befreiung.
Du brauchst uns, aber wir brauchen Dich nicht,
weil Du uns schadest.
Viele Opfer sind zu beklagen.
Leichen pflastern Deinen Weg.
Their agony is our triumph².

Wir sind nicht mehr die Kinder auf Gehorsam getrimmt.
Unsere Verbildung und Verblödung haben wir überwunden.
Unser letztes Bißchen Menschenverstand konntest Du uns nicht austreiben.

Wir sind nicht mehr die Ehefrauen, die Du betrügst und hintergehst;
unsere Scheidung haben wir längst vollzogen.

Wir sind nicht länger zivilisierte Bittsteller, die Du schikanierst,
oder Soldaten, die Du drillst und kommandierst.
Nicht mehr die Angeklagten in Deinem Theaterstück,
exekutier‘ Dich selbst in Deinem Farce-Gericht.

Vorbei die Zeit Deiner Ausbeuterei und Verramscherei
in der Lohnsklaverei.
In Deiner Welt hat alles einen Preis
und nichts hat einen Wert³.
Bei uns ist es umgekehrt.

Wir sind weder Nutzvieh, das Du schlachtest;
noch Versuchstier, dem Du trachtest
nach dem eledigen Leben in Gefangenschaft.

Wir sind nicht länger die Patienten auf Deiner Pharma-Intensivstation,
die Junkies Deiner Wegwerf-Glitzerwarenwelt
oder die Veräußerlichten in Deinem digitalen Äther.

Nicht das Kanonenfutter, das Du verheizt,
die Ausgebombten, die Du vertreibst,
die Heimatlosen, die Du entfremdest von sich selbst.

Schluss mit dem Zu-Kreuze-Kriechen,
ob in Kirche oder Wahlkabine,
mit Häkchen oder ohne.

Wir sind nicht länger der Volksempfänger für Deine Gehirnwäsche,
die Masse, die Du spaltest,
die Prostituierten, die Du fickst.
Keine Bücklinge mehr in Deiner Hierarchie,
keine Insassen in Deiner Klapse.

Gewesen waren wir die längste Zeit
die Zuschauer in unserem eigenen Leben.
Genesen und geheilt von Deinen kranken Phantasien
gehen wir zurück zu unserer Mutter Erde.

Dein Saftladen kracht zusammen.
An Dir selbst bist Du gescheitert:
an Deinem gierig‘ Größenwahn,
Deiner eitlen Hässlichkeit,
Deiner Einfallslosigkeit.
Deine Trickkiste ist leer:
Angst machen, spalten, herrschen –
ist irgendwann durchschaut.

Deine Krieger werden müde.
Wenn selbst die strengsten Gläubigen
abfallen von Deiner Mär,
die Stirn Dir bieten mit einer Amnestie,
die Hand ihren Schwestern reichend –
zaghaft wenngleich,
Scharia hin oder her,
dann naht Dein Ende bald,
dann ist Zapfenstreich.

Trümmerhaufen und Altlasten
sind Deine Hinterlassenschaften.
So sind wir es gewohnt,
geübt im Aufräumen und Putzen.
Als schlechter Verlierer erweist Du Dich,
schlägst und beißt und trittst um Dich
wie ein verzweifelt‘ ängstlich‘ Tier.
Du weißt, der Kampf ist aussichtslos,
pfeifst aus dem letzten Loch.
Wer überhören will das noch,
wird mit Dir untergehen.

Für’s bedingungslose Aufgeben
fehlt’s Dir an Größe und an Ehre.
Wir werden die Hand nicht halten
an Deinem Sterbebett.
Das hast Du nicht nur nicht verdient –
menschliche Wärme ist Dir fremd.
Ein Monster verlässt den Planeten.
Ach wie gut, dass jede weiß, dass Du Patriarchat heißt.
Hätt’st mal besser über Deine Gefühle gesprochen.

Du kämpfst Dein letztes Gefecht,
wir sind Dein letztes Geleit
in den Abgrund.
Wer anderen eine Grube gräbt,
fällt selbst hinein.

Schluss Ende Aus Vorbei
mit Deiner Terrortyrannei.
Hast uns lang genug gequält.
Auf Nimmerwiederseh’n!
Kein ‚Danke, es war schön‘.
Hinfort mit Dir für immer.
Und nimm‘ Dein ganzes Geld mit,
wir behalten ’s Klopapier.

Anmerkungen:

¹ Ballade vom Patriarchat
² „Ihr Todeskampf ist unser Triumph.“ In Erinnerung an die 1927 hingerichteten italienischen Einwanderer Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti in den USA.
³ In irgendeinem Buch von Roberto Saviano gelesen über die Mafia.

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