Ein Schutzgeld namens Lohnsteuer?

Dass Arbeit – nicht zu verwechseln mit sinnvollen, lebensdienlichen, herrschaftsfreien Tätigkeiten – ein patriarchal-ökonomisches Zwangsverhältnis darstellt, dessen sind wir uns schon lange bewusst. Drum: Wer die Arbeit kennt und sich nicht drückt, der ist verrückt. Ein pikantes Detail gigantischen Ausmaßes war uns allerdings bislang entgangen, obwohl es doch – im wahrsten Sinne des Wortes – wie ein offenes Buch vor uns liegt. (Manchmal sieht man eben den Wald vor lauter Bäumen nicht oder es fehlt einer einfach an Phantasie für derlei Dreistigkeiten.) Das Justizministerium und sein Bundesamt stellen uns, dem Bundespersonal, ja großzügigerweise sämtliche Gesetze online kostenlos zur Verfügung, wie sie auf ihrer Homepage fettgedruckt hervorheben. Dafür arbeiten die mehr als 1.200 Mitarbeiter*#&%§innen wahrscheinlich selbstlos und aufopferungsvoll rund um die Uhr… Es geht um das Einkommenssteuergesetz. Schaut man sich dieses Wunderwerk deutscher Sprache einmal genauer an, so begegnen einer die drei Begriffe: Einkommen, Einkünfte und Einnahmen. Warum einfach, wenn’s auch kompliziert verschwurbelt geht, definiert sich das eine verschachtelt aus dem anderen. Ist diese Verwirrung am Ende sogar gewollt? So erfahren wir in § 2 ‚Umfang der Besteuerung und Begriffsbestimmungen‘, dass unter anderen die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, also aus Lohnsklaverei, der Einkommenssteuer unterliegen. Sodann erfahren wir im zweiten Absatz desselben Paragraphen, was wir unter Einkünften zu verstehen haben, nämlich im Falle der nichtselbständigen Arbeit den „Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten“. Aha.

Nun stellt sich uns Laien folgende Frage: Was sind Einnahmen und wer hat welche? Vielleicht liegen wir Dummerchen mit unserer naiven Annahme falsch, aber vor unserem geistigen Auge taucht beim Wort „Einnahmen“ die Kasse aus dem Kaufmannsladen auf. Bei längerem Sinnieren können auch Herrscher einnehmen, nämlich fremde Länder, Soldaten eine feindliche Stellung, ein Pharmagläubiger Tabletten. Auch eine Friseurmeisterin kann Geld einnehmen, um davon die Ladenmiete zu bezahlen. Aber nimmt eine Arbeiterin ihren Lohn ein, ein Angestellter sein Gehalt? Weiter unten im Gesetzestext, genauer gesagt in § 8 ‚Einnahmen‘, hofft die gespannte Leserin leider vergebens auf eine Klärung, verweist dieser Paragraph doch wieder auf § 2 – so schließt sich der Kreis bzw. beißt sich die Katze in den Schwanz und offen bleibt die Frage: Was sind Einnahmen? Sind Löhne und Gehälter Einnahmen? Und haben der Lehrling oder die Krankenschwester überhaupt Überschüsse?

Eine Antwort bekommt man leider weder auf der Homepage noch auf Nachfrage. Zu sehr beschäftigt sind die Staatsdiener*+-)=(innen mit wichtigeren Anliegen. Und warum wolle man das überhaupt wissen? (Wer gnädigerweise eine Auskunft möchte, muss sich erst einmal rechtfertigen.) Die unvoreingenommene online-Enzyklopädie stützt unsere Annahme der Ladenkasse und verweist aufs kaufmännische Rechnungswesen, finanzen.net wird noch etwas deutlicher und definiert Einnahmen als: „Monetäres Äquivalent der veräußerten Güter und Dienstleistungen eines Unternehmens, welches zu einer Erhöhung des Geldvermögensbestandes führt“. Das trifft dann jawohl auf Lohnsklaven nicht zu, oder? Werden wir hier etwa in dreister, um nicht zu sagen, mafiöser Manier vom eigenen Vater Staat abgezockt? Immerhin machen ja Lohn- und Einkommenssteuer mit fast 40 % den größten Anteil der staatlichen Steuereinnahmen aus, teilt uns das Warbu.. äh Noch-Scholz-Ministerium mit. Womit wir bei dem nächsten Schwurbel-Begriff wären: Lohnsteuer.

In § 38 heißt es: „Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer)“. Da sind sie wieder unsere drei Probleme: Einkommen sind Einkünfte sind Einnahmen… Und wieso steht die größte staatliche Steuereinnahme, die Lohnsteuer, im Fließtext nur ausgegrenzt und eingezäunt in Klammern? Jaaa, teilt man mit: Das sei ja nur ein umgangssprachlicher Begriff. Ach so, und ein Bundesministerium verwendet in seinen offiziellen Veröffentlichungen Umgangssprache? Und wenn Lohnsteuer doch ein Teil der Einkommenssteuer sein soll, warum erfindet man dann überhaupt einen neuen Begriff und bleibt nicht einfach bei Einkommenssteuer? Und wer hat diesen Begriff überhaupt erfunden? Umgangssprache entwickelt sich im Volk, aber erfindet sich ein Volk eine eigene Steuer?

Bleiben noch die Werbungskosten („…sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, § 9): Wenn das brave, arbeitsgenötigte Bürgerlein schön seine Einkommenssteuererklärung abgibt, bekommt es als Belohnung ganz großzügig ein paar Almosen für Werbungskosten zurückerstattet. Dann freut sich das Bürgerlein über die paar Kröten und stellt keine blöden Fragen, ob das ganze überhaupt seine Richtigkeit hat, ob ein gegängelter Arbeitnehmer überhaupt Überschüsse, Einnahmen und Werbungskosten hat. Ein bißchen Sand in die Augen streuen und die Sache ist geritzt.

Geistiger Brandstifter für unsere Recherchen war der Demokratieketzer Aaron Russo. In seinem Dokumentarfilm ‚America: Freedom to Fascism‘ deckte er 2005 auf, dass die Einkommenssteuer („income tax“), die der IRS von der US-amerikanischen Arbeiterschaft eintreibt, völlig illegal ist, weil es dafür überhaupt kein Gesetz gibt (Stand 2005). Wer nicht zahlt, landet allerdings im Knast. Und auch der IRS (internal revenue service, revenue heißt Einnahmen!) ist eine sehr zwielichtige Steuer-„Behörde“ mit euphemistischem Namen. (Haben wir nicht auch irgendso eine Service-“Behörde“ in Deutschland?) Russo wird im Film bedroht. Er starb 2007 nach seinem letzten (?) Interview mit Alex Jones, wo er von einer Unterhaltung mit Nick Rockefeller berichtete, der ihm vom Plan, die ganze Menschheit chippen zu wollen, erzählt haben soll. Aber das ist sicherlich nur eine böse Verschwörungstheorie und sicherlich sind auch wir einfach nur zu doof, Gesetzestexte richtig zu verstehen…

R.I.P. Aaron Russo

Quellen:

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